Liebe Mitbürger:innen,

in den letzten Tagen und Wochen alles überschattend war und ist der Krieg in der Ukraine, der durch eine völkerrechtswidrige Invasion Putins mit russischen Streitkräften in das Nachbarland begann. Seitdem flüchten Hunderttausende Menschen aus dem Land und das Leid nimmt von Stunde zu Stunde zu. Bereits in den letzten Monaten haben wir die Situation und die sich steigernde Aggression Russlands sowohl im Europäischen Parlament als auch im Bundestag genau beobachtet.

Präsident Putin hat den Krieg zurück auf den europäischen Kontinent gebracht und sich damit auf die falsche Seite der Geschichte gestellt. Es gibt keinerlei Rechtfertigung für die gewaltsame Änderung international anerkannter Grenzen und den Angriff auf die Souveränität von demokratischen Staaten – mehr noch ist die Einigung auf die Unveränderlichkeit der Grenzen Europas ein Grundstein unseres Friedens. Dennoch sind wir fest entschlossen, Frieden und Stabilität und die Einhaltung des Völkerrechts zu schützen.

Als Demokratien stehen wir gemeinsam zu unserer Unterstützung für das ukrainische Volk und seine demokratisch gewählte Regierung. Darum haben Deutschland, die Europäische Union und die G7 strikte und eng abgestimmte wirtschaftliche und finanzielle Sanktionen gegen Russland verhängt. Darüber hinaus plant die Bundesregierung in eine leistungsfähige Bundeswehr zu investieren, die zukünftig einen stärkeren Beitrag dazu leisten wird und leisten muss, unser friedliches und souveränes Europa zu schützen. Die Einigkeit unter den demokratischen Verbündeten zeigt eine Entschlossenheit im gemeinsamen Kampf für Frieden und Stabilität in Europa und der Welt.

Die Sanktionen kamen in den letzten Tagen in mehreren Schritten: Hierzu gehörten insbesondere Sanktionen gegen Individualpersonen, ein Handelsembargo gegen die selbsterklärten „Volksrepubliken“ in der Ostukraine, Handelsverbote für russische Staatsschulden und weitere Finanzsanktionen sowie Exportrestriktionen. Die Sanktionen sind die schärfsten, die Deutschland sowie seine Partner:innen je beschlossen haben. Nicht zuletzt wurde dadurch auch die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union unter Beweis gestellt, wenn sie entschlossen und geeint handelt. Die Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage von Putins Russland werden von einem bisher unbekannten Ausmaß sein. Doch eins steht fest: Hiermit hat die russische Führung nicht gerechnet. Sie werden dadurch einen schweren Schaden erleiden. Deswegen gilt als nächster Schritt, die Maßnahmen weiter zu präzisieren und auch Belarus wird dabei verstärkt in den Blick genommen.

Es ist gut, dass Deutschland, die EU- und NATO-Mitgliedsstaaten in dieser schweren Krise geschlossen handeln. Es war ein richtiger Schritt, dass die meisten russischen Banken nun unter anderem aus SWIFT ausgeschlossen worden sind. Auch die Lieferung von Schutzausrüstung und Waffen durch die Bundesrepublik an die Ukraine wurde nun beschlossen. Darüber hinaus hat Bundeskanzler Scholz angekündigt, in einem im Grundgesetz abgesicherten Sondervermögen 100 Milliarden Euro in die Bundeswehr zu investieren, um sie zukunftsfähig auszustatten. Deutschland trägt als größtes Land in der EU eine besondere Verantwortung dafür, solidarisch an der Seite der Ukraine zu stehen. Und diese Verantwortung nehmen wir wahr.

Aber nicht immer wird die Lösung sein, Geld auf das Problem zu werfen. Ja – die Bundeswehr muss besser ausgestattet werden. Ineffiziente und teure Strukturen müssen aber ebenso auf den Prüfstand. Bei vielen Fragen geht es vielmehr darum, wie wir europäische Ressourcen klüger einsetzen können und vor allem in der Beschaffung und Bürokratie in Deutschland besser werden. Das bedeutet vor allem, nicht mehr Mittel, sondern eine Spezialisierung der Armeen der Mitgliedstaaten und mittel- oder langfristig eine Europäische Armee mit Parlamentsvorbehalt. Unsere Antwort muss eine starke europäische Sicherheitsarchitektur sein.

Auch die Städte und Gemeinden in Schleswig-Holstein können einen Beitrag dazu leisten, Menschen in Not zu helfen, indem sie unkompliziert Unterkünfte und Spenden koordinieren. In Lübeck gibt es etwa leicht zugängliche Informationen für Schutzsuchende auf der Website der Hansestadt. Außerdem wurde eine zentrale Anlaufstelle, erreichbar telefonisch unter 0451 – 1222040 oder unter ukraine-hilfen@luebeck.de, eingerichtet. Hier werden auch zivilgesellschaftliche Hilfsaktionen von Einzelpersonen wie auch Gruppen und Vereinen koordiniert, seien es Sachspenden oder zur Verfügung gestellte Unterkünfte. Ähnliche Initiativen gibt es in vielen weiteren Städten und Gemeinden in ganz Schleswig-Holstein.

Auch viele von Ihnen, den Einwohner:innen von Lübeck und Schleswig-Holstein, engagieren sich in dieser Ausnahmesituation bereits in einem herausragenden Maß, sei es durch die Teilnahme an Friedensdemonstrationen, das Schaffen von Aufmerksamkeit in den sozialen Medien, Sach- oder finanzielle Spenden oder die Zurverfügungstellung von Unterkünften für Geflüchtete aus dem Kriegsgebiet. Hierfür möchten wir Ihnen unseren herzlichen Dank aussprechen!

Diejenigen, die aus verschiedensten Gründen noch nicht aktiv geworden sind, möchten wir motivieren, zu überlegen, ob auch Sie sich eventuell auf eine für Sie passende Art einbringen können. Unsere zivilgesellschaftliche Solidarität wird mit großer Dankbarkeit wahrgenommen, sowohl in der Ukraine als auch innerhalb von Teilen der russischen Bevölkerung. Das, was Ihnen als Einzelperson eventuell nur als kleine Handlung vorkommt, kann einen großen Unterschied machen, wenn es viele Menschen tun.

Vier Botschaften möchten wir abschließend noch an Sie senden:

Erstens: Die Invasion in die Ukraine ist Putins Krieg. Nicht der Krieg der russischen Bevölkerung oder der in Deutschland lebenden Menschen mit russischen Wurzeln. Es ist inakzeptabel, dass vermehrt russische Mitbürger:innen sowie deutsche Mitbürger:innen mit russischen Wurzeln Hass und Ausgrenzung erfahren müssen, teilweise das Gefühl haben, sich in jedem Gespräch vom Handeln Putins distanzieren zu müssen.

Zweitens: Achten Sie darauf, sich in seriösen Quellen zu informieren. Kriege werden immer schon und heutzutage mehr denn je auch über Informationsmedien geführt, gerade online werden leider auch in Deutschland viele von russischer Seite gesteuerte Falschmeldungen verbreitet. Seriöse Quellen sind beispielsweise die Nachrichtenangebote der Öffentlich-Rechtlichen Medien.

Drittens: Versuchen Sie bei aller Aufwühlung die Ruhe zu bewahren. Ein Angriff Russlands auf Deutschland ist kein vorstellbares Szenario. Wir haben in Deutschland, nicht zuletzt auch durch die NATO-Mitgliedschaft Deutschlands, das Privileg, weiterhin sicher in unserem Land leben zu können.

Viertens: Achten Sie bei all der großartigen Hilfsbereitschaft auch auf sich selbst. Nehmen Sie sich Auszeiten von der schier endlosen Flut an Nachrichtenmeldungen, die aktuell auf uns alle einprasseln. Es ist vollkommen legitim und wichtig, sich dieser Flut an Informationen zu entziehen, wenn man merkt, dass einen die Situation in einem nicht erträglichen Maß belastet.

Wir wünschen Ihnen trotz der schwierigen aktuellen Zeiten alles Gute und freuen uns auf einen persönlichen Austausch. Jederzeit können Sie sich gerne bei unseren Büros melden, sei es bei Gesprächsbedarf oder bei Fragen zu aktuellen Unterstützungsmöglichkeiten für die aus der Ukraine flüchtenden Menschen.

Ihre Abgeordneten Tim Klüssendorf (MdB) und Delara Burkhardt (MdEP)

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Europa und Deutschland im Zeichen von Putins Invasion in die Ukraine – Offener Brief von Tim Klüssendorf & Delara Burkhardt