Die hohen Preise in fast allen Lebensbereichen betreffen auch die Bürger:innen in
Lübeck, Berkenthin und Sandesneben. Die Kostensteigerungen werden von der
Wirtschaft mit den Folgen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, insbesondere
den steigenden Energiekosten, aber auch gestiegenen Lohnkosten begründet. Während es
unbestritten ist, dass dies wichtige Faktoren in der Preisbildung sind, so verstärkt sich
inzwischen der Eindruck, dass ein anderer eine noch größere Rolle spielt. Versteckt unter
dem Deckmantel der Inflation scheinen Konzerne ihre Gewinnmargen stetig auszuweiten
und damit selbst zum stärksten Treiber der Inflation zu werden.

Zu diesem Ergebnis kommen unter anderem Expert:innen der Europäischen Zentralbank
(EZB). Möglich ist diese Form der Preissetzung durch Unternehmen insbesondere auf
Märkten, in denen der Wettbewerb nicht ausreichend funktioniert. Diesen Entwicklungen
will die Bundesregierung nun mit einer Novelle des Gesetzes gegen
Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) vorbeugen.

Der direkt gewählte Lübecker Bundestagsabgeordnete Tim Klüssendorf sprach hierzu in
der zurückliegenden Sitzungswoche im Deutschen Bundestag und erläutert: „Unter
mangelndem Wettbewerb leiden vor allem Verbraucher:innen, gerade während Inflation.
Nehmen wir als Beispiel den Mineralölsektor: Wir haben ein Szenario weniger Anbieter
in einem Markt mit hohen Gewinnmargen. Der Markt verfestigt sich zum Nachteil der
Endkund:innen und die Unternehmen können hohe Preise setzen. Auch deshalb ist der
Tankrabatt der Bundesregierung nicht vollständig an die Verbraucher:innen
weitergegeben worden.“

Kund:innen können bei den aktuellen Preissteigerungen kaum durchschauen, ob diese
nun auf die gestiegenen Energiepreise oder lediglich höhere Profitziele zurückzuführen
sind – die Firmen haben es somit leicht, Preissteigerungen durchzusetzen. Berechnungen
des Dresdner Ökonom Joachim Ragnitz bestätigen dies am Beispiel der Preise in der
Landwirtschaft: Diese stiegen im vergangenen Jahr um knapp 35 Prozent, davon gingen
14 Prozentpunkte auf höhere Kosten für Energie, Saatgut sowie weitere Güter zurück,
anderthalb Prozentpunkte auf höhere Löhne – und 19 Prozent auf ausgeweitete Gewinne.
Ähnlich ist die Lage in Baugewerbe und Handel, auch im Lebensmitteleinzelhandel.

Klüssendorf erläutert weiter, was gegen die derzeitigen Entwicklungen getan werden
muss:

„Wichtig für die kommenden Jahre ist jetzt, dass wir mit stärkerem, funktionierenden
Wettbewerb dafür sorgen, dass Unternehmen Preise nicht mehr derart gestalten können.
Wirksamstes Mittel gegen Preissteigerungen ist vermehrter Wettbewerb – deshalb sind
Verbesserungen des Wettbewerbsrechts, wie heute diskutiert, so zentral. Denn: Fairen
Wettbewerb zu gewährleisten, ist Grundvoraussetzung für eine funktionierende soziale
Marktwirtschaft. Die Ballung wirtschaftlicher Macht und unsoziale,
wettbewerbsbeschränkende Vorgänge auf Märkten sind genau die Auswüchse einer
Marktwirtschaft, die in unserem System keinen Platz haben dürfen. Wir müssen als Staat
solchen Entwicklungen voraus sein und präventiv, proaktiv statt nur reaktiv handeln. Mit
der GWB-Novelle setzen wir nun genau hier an, denn der Markt regelt sich eben nicht
von selbst – der Staat muss im Interesse der Allgemeinheit rechtzeitig eingreifen können.
Allgemein kann man auch sagen: Wir müssen wieder zu einer echten sozialen
Marktwirtschaft finden. Wir müssen dafür sorgen, dass das Wohlstandswachstum bei
allen ankommen kann und sich nicht per se immer stärker auf einige Wenige
konzentriert.“

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Klüssendorf zu fairem Wettbewerb in Deutschland: „Müssen wieder zu echter sozialer Marktwirtschaft finden!“